Patienteninformation Neuroendokrine Tumore des Gastrointestinaltraktes (NET)
In unserer Klinik besteht eine umfangreiche Erfahrung mit dieser Tumorerkrankung. Neuroendokrine Tumore des Gastrointestinaltraktes sind seltene Tumorformen von 1 bis 2 Erkrankungen/1.000.000 jährlich. Sie entstammen dabei aus den gleichen Ursprungszellen wie auch die Nervenzellen und treten damit im gesamten Körper verstreut auf. Die Zellen des neuroendokrinen Systems zeichnen sich insbesondere durch Aufnahme und Abgabe von Botenstoffen aus, weswegen sie auch APUD-Zellen (amine precursor uptake decarboxylation) genannt werden. Bei unkontrolliertem Wachstum dieser Zellen kommt es zur Bildung von neuroendokrinen Tumoren. Neuere Klassifikationen teilen diese Tumore nach dem Ausmaß ihres aggressiven Wachstums ein, dieses reicht dabei von gutartigen, eher langsam wachsenden Tumoren, bis zu schnell wachsenden, aggressiven und undifferenzierten Tumoren.
Neuroendokrine Tumore des Magens
Die Diagnose eines neuroendokrinen Tumors des Magens erfolgt meist zufällig. In der Regel geschieht dies im Rahmen einer Gewebsaufarbeitung nach einer Probeentnahme im Rahmen einer Magenspiegelung. Wesentlich ist dann die Zuordnung zu den 4 unterschiedlichen Typen der neuroendokrinen Tumore des Magens, denn diese Zuordnung bestimmt maßgeblich das weitere therapeutische Vorgehen, welche von regelmäßigen Kontrollspiegelungen bei erstgradigen Tumoren bis hin zu Entfernung des gesamten Magens reichen kann.
Funktionelle und nicht-funktionelle NET des Dünndarmes
Neuroendokrine Tumore können nach ihrer Fähigkeit, Hormone abzugeben, in funktionelle und nicht-funktionelle Tumore unterschieden werden. Bei den nicht-funktionellen Dünndarmtumoren berichten die meisten Patienten auch bei großer Tumormasse über nur wenige Symptome. Das Gewicht der Patienten bleibt auch bei ausgedehnter Absiedlung von Tumorzellen in die Leber bei erhaltener Leberfunktion konstant.
Die häufigsten Erstsymptome bei Patienten mit nicht-funktionellen neuroendokrinen Tumoren des Dünndarmes sind immer wieder auftretende abdominelle Beschwerden, die zumeist durch eine Enge oder ein Passagehindernis bedingt sind und bis zum kompletten Darmverschluss reichen können. Ebenso kann es zu Blutungen kommen. Häufige Symptome sind Durchfälle (70%), einschießende Hitze und Rötung im Gesicht (Flush, 65 %) und Asthma (8%). Laborchemisch kann man hier eine krankhafte Erhöhung der 5-Hydroxyindolessigsäure (5-HIES) im Urin feststellen. Liegt keine Erhöhung vor, ist der Flush meistens nicht durch den Tumor bedingt. Die Diagnose beruht auf Laboruntersuchungen und Sicherung von Parametern, die durch den Tumor verursacht werden, z.B. einer Erhöhung des Chromogranin A-Markers im Blut sowie der 5-HIES im Urin. Oft sieht man im Ultraschall des Bauches diffuse Leberabsiedlungen. Aufgrund der Abstammung aus der Nervenzellfamilie tragen diese Tumore häufig Rezeptoren für Somatostatin an ihrer Oberfläche, so dass eine Szintigraphie hier eine bildliche Darstellung des Tumors ermöglicht. Weiterhin kann natürlich auch die Kernspintomographie oder die Computertomographie zur Diagnose dieses Tumors führen.
Neuroendokrine Tumore des Hinterdarmes
Die Tumore des Blinddarmes werden meist zufällig im Rahmen einer Appendektomie (Blinddarmentfernung) festgestellt. Ist der Tumor kleiner als 1 cm und nicht bereits in die Umgebung eingewachsen, sind keine weiteren Maßnahmen erforderlich. Der Patient gilt dann als geheilt. Sollte der Zufallsbefund doch einen größeren neuroendokrinen Tumor zeigen, ist meistens die Entfernung der rechtsseitigen Dickdarmhälfte in einer 2. Operation erforderlich. Neuroendokrine Tumore des Blinddarmes sind zumeist nicht-funktionelle Tumore.
Neuroendokrine Hinterdarmtumore finden sich auch im Dickdarm und Enddarm. Sie sind nie funktionell, sie werden meist zufällig im Rahmen einer Routineuntersuchung des Darmes oder bei Abklärung von Darmblutungen diagnostiziert.
Therapie neuroendokriner Tumore
Die Therapie der neuroendokrinen Tumore ist zunächst eine chirurgische, insbesondere die Entfernung des Primärtumors bringt für den Patienten auch bei ausgedehnter Metastasierung, z.B. in die Leber, oft einen Zuwachs an Wohlbefinden. Zudem werden Komplikationen, die durch das Einwachsen des Primärtumores verursacht werden können, z.B. Darmverschluss oder -blutung, verhindert. Die Behandlung der meist in der Leber gelegenen Metastasen ist auch hier vielfältig und reicht von der chirurgischen Entfernung bis zur lokalen Abtragung durch Hitze (Radiofrequenzablation), Kälte (Kryoablation) oder über einen Verschluss der zuführenden Gefäße mit Chemotherapeutika über ein Kathetersystem (transarterielle Chemoembolisation), welches zumeist durch die Leiste eingebracht wird. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, die Symptome, die aus der Hormonproduktion resultieren, mit Medikamenten zu lindern, die sich an die Rezeptoren der Oberfläche des Tumors legen (= Biotherapie).
Ebenso findet eine Kombination aus Chemotherapeutika ihre Anwendung. Die Bestrahlung von neuroendokrinen Tumoren ist keine therapeutische Option.