Patienteninformation Nebennieren
Jeder Mensch besitzt zwei Nebennieren. Sie liegen jeweils oberhalb der Niere und sind dreieckig geformte Drüsen, die funktionell aus zwei Anteilen bestehen: Der äußeren Nebennierenrinde und dem inneren Nebennierenmark.
In der Nebennierenrinde werden die Hormone Cortisol und Aldosteron produziert. Das Cortisol, ein körpereigenes Cortison, wird vermehrt bei Stress gebildet, reguliert eine bessere Verwertung des Zuckers und hat einige andere Aufgaben, wie z.B. die Aufrechterhaltung des normalen Blutdruckes. Das Aldosteron spielt eine wesentliche Rolle bei der Regulation der Konzentrationen der Blutsalze und des Wasserhaushaltes (Natrium, Kalium) und beeinflusst daher ebenfalls den Blutdruck.
Cortisol und Aldosteron sind zwei lebensnotwendige Hormone, die bei vermehrter Produktion zu bestimmten Erkrankungen, bzw. Symptome führen und bei Mangel, wie z.B. nach Entfernung beider Nebennieren in Form von Tabletten lebenslang eingenommen werden müssen.
Im Inneren der Nebenniere, dem Nebennierenmark, werden die Hormone Adrenalin und Noradrenalin produziert. Normalerweise haben sie eine wichtige Funktion in sog. Stresssituationen, in der sie zu einer Erhöhung des Blutdrucks und einer Stärkung der Herzleistung sowie zur besseren Verwertung von Zucker als Energiequelle dienen. Bei der Überproduktion dieser Hormone kommt es zu anfallsartigen Blutdrucksteigerungen, die oft von Panik, Herzrhythmusstörungen und Kopfschmerzen begleitet sind. Bei Entfernung des Nebennierenmarkes werden die o.g. Hormone von anderen, dem Nebennierenmark ähnlichen Geweben, sog. Ganglien, produziert.
Tumore der Nebennieren
I. Nebennierenrindentumore
1. Cushing-Syndrom
Das sog. Cushing-Syndrom wird meist durch gutartige Tumoren verursacht. In seltenen Fällen kann diese Erkrankung auch durch eine beidseitige Vermehrung der Nebennierenrinde, eine sog. Hyperplasie ausgelöst werden. Das Hormon, das dabei im Überschuss produziert wird, ist Cortisol. Typische Zeichen dieser Erkrankung sind ein Bluthochdruck, ein Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), Muskelschwäche, bei Frauen ein männlicher Behaarungstyp. Relativ typische Merkmale sind ein sog. Vollmondgesicht und eine sog. Stammfettsucht, bei der es durch eine Fettverteilungsstörung zu dünnen Armen und Beinen und einer Fettvermehrung im Bereich des Körperstammes kommt.
Die Therapie besteht in einer chirurgischen Entfernung des Tumors oder der gesamten Nebenniere (Adrenalektomie). Dieses wird in der Mehrzahl der Fälle in sog. Schlüssellochtechnik (minimal-invasiver/laparoskopischer Technik) durchgeführt.
2. Conn-Syndrom
Diese Erkrankung wird durch einen Tumor der Nebennierenrinde verursacht, der das Hormon Aldosteron im Überschuss produziert. Die typischen Symptome sind eine Bluthochdruckerkrankung in Verbindung mit einem ausgeprägten niedrigen Kaliumspiegel im Blut. Typischerweise müssen die betroffenen Patienten mehrere Blutdruckmedikamente einnehmen. Aufgrund des niedrigen Kaliumspiegels im Blut kommt es zusätzlich zu Muskelschwäche, vermehrtem Durst und übermäßigem Harndrang. Die Therapie besteht ebenfalls in einer Entfernung des hormonproduzierenden Tumors in Schlüssellochtechnik.
3. Adrenokortikales Karzinom (Nebennierenkarzinom)
Das adrenokortikale Karzinom ist ein bösartiger Tumor der Nebennierenrinde, der äußerst selten, nämlich bei einem von einer Million Einwohnern vorkommt. Dieser Tumor produziert meist Cortisol als auch Sexualhormone im Überschuss. Die Symptome entsprechen dann meist einem Cushing-Syndrom (siehe oben). Eine Überproduktion an Sexualhormonen bedingt bei der Frau eine Änderung des Behaarungstypes, eine tiefere Stimme und Regelunregelmäßigkeiten. Beim Mann steht ein mangelndes Interesse an Sexualität (Verlust der Libido) im Vordergrund. Die Therapie besteht immer in einer kompletten chirurgischen Entfernung des Tumors, wenn noch keine Fernmetastasen, d.h. Absiedelungen des Tumors in entfernteren Organen vorhanden sind. Zur Entfernung des Tumors ist meist ein 30 cm langer Schnitt notwendig, bei dem zusätzlich befallene Organe und Lymphknoten mit entfernt werden können. Neben der chirurgischen Therapie gibt es medikamentöse und chemotherapeutische Strategien.
II. Tumoren des Nebennierenmarkes
1. Phäochromozytom
Das Phäochromozytom ist ein Tumor des Nebennierenmarkes, der in den meisten Fällen gutartig ist. Es kommt zu einer Überproduktion der Hormone Adrenalin und Noradrenalin. Die Symptome, die hierdurch ausgelöst werden, sind anfallsweise hoher Blutdruck mit Kopfschmerzen, aber auch ein kontinuierlich erhöhter Bluthochdruck kommt vor. Weitere häufig beobachtete Symptome sind Herzklopfen und Herzrasen, starkes Schwitzen. Typisch für diese Tumoren ist, dass solche Blutdruckkrisen durch körperliche Anstrengung und psychischen Stress ausgelöst werden. Um die Diagnose eines Phäochromozytoms zu sichern, wird 24 Stunden lang der Urin gesammelt und auf seine Adrenalin- und Noradrenalin-Konzentration untersucht. Zusätzlich können die Hormonmengen auch im Blut bestimmt werden. Falls sich eine Erhöhung dieser Werte finden sollte, wird eine Computertomographie oder besser eine Magnetresonanztomographie des Bauches veranlasst.
In ca. 10 % der Fälle können Phäochromozytome, in den so genannten Paraganglien außerhalb der Nebenniere vorkommen. Eine zusätzliche Untersuchung ist eine bestimmte Szintigraphie (MIBG-Szintigraphie). Ob eine oder alle Untersuchungen durchgeführt werden müssen, hängt im Einzelfall von den Ergebnissen dieser Untersuchungen ab. Durch diese Untersuchungen kann die Lage und die Größe des Tumors festgestellt werden, was für die Planung der Operation eine wichtige Rolle spielt. Die Behandlung des Phäochromozytoms ist die chirurgische Entfernung des Tumors oder der gesamten Nebenniere. Bei einer Größe bis ca. 6 cm kann diese Operation in Schlüssellochtechnik geplant werden. Da bei größeren Tumoren ein gewisses Risiko der Bösartigkeit besteht, empfehlen wir unseren Patienten in solch einem Fall, eine konventionelle Operation, d.h. über einen Flanken-oder Bauchschnitt.
Vor der Operation werden die Patienten mit einem bestimmten Medikament (Dibenzyran) eingestellt, das die Wirkungen des Adrenalins und des Noradrenalins an den Gefäßen aufhebt und so Zwischenfälle während der Narkose und der Operation verhindern kann.
Diagnostik
Zumeist wird die Diagnose eines hormonproduzierenden Nebennierentumors dadurch gestellt, dass der Patient typische Beschwerden hat. Bei klinischem Verdacht schließen sich bestimmte Laboruntersuchungen an, bei denen die Hormonwerte für Cortisol, Aldosteron, Adrenalin, Noradrenalin und andere bestimmt werden.
Die Darstellung der Tumore erfolgt meistens durch eine Computertomographie oder eine Magnetresonanztomographie des Bauches. Bei bestimmten Tumoren werden zusätzliche Spezialuntersuchungen, wie z.B. Szintigraphien und Katheteruntersuchungen benötigt. Für die meisten Untersuchungen ist eine stationäre Aufnahme nicht erforderlich.
Chirurgische Therapie
Das Standardverfahren bei Nebennierentumoren, die kleiner als 6 cm sind und keinen Anhalt für Bösartigkeit zeigen, ist die laparoskopische Adrenalektomie, bzw. die laparoskopische Entfernung des erkrankten Nebennierenanteils. Hierzu werden in der rechten oder linken Flanke über 3 ca. 2-3 cm große Schnitte die Instrumente eingeführt.
Die präoperative Diagnostik wird entweder ambulant oder im Rahmen des stationären Aufenthaltes durchgeführt. Da es sich um seltene Krankheitsbilder handelt, werden die Patienten interdisziplinär (in Zusammenarbeit mit der Abteilung für Endokrinologie und Diabetologie, Prof. Dr. Kann) betreut. In unserer Klinik sind seit 1990 ca. 400 Patienten an den Nebennieren operiert worden. Aus diesem Grund haben wir viel Erfahrung mit diesen seltenen Krankheitsbildern und ihrer chirurgischen Therapie.
Ein Eingriff an der Nebenniere ist in der Regel nicht mit einem langen Krankenhausaufenthalt verbunden (3-5 Tage). Die notwendigen Vorbereitungen können meist vor der stationären Aufnahme ambulant durchgeführt werden. Daher bitten wir Sie, wenn Sie sich in unserer Klinik operieren lassen möchten, generell zu einem ambulanten Termin in unsere Spezialsprechstunde (Dienstag 9-12 Uhr) zu kommen, damit wir Sie kennen lernen und uns mit Ihren Befunden vertraut machen können.
Die Nachbehandlung nach Nebennierenoperationen erfolgt in der Regel durch den einweisenden Spezialisten, es ist aber auch eine Nachbetreuung in unserer Ambulanz möglich. Bei Phäochromozytomen und bei bösartigen Nebennierentumoren sind regelmäßige Nachsorgeuntersuchungen notwendig.