Forschung
Weitere Informationen zu Studium, Lehre sowie Forschung an der Urologischen Universitätsklinik Marburg finden Sie auf den Seiten der Philipps-Universität Marburg. Hier finden Sie auch eine Auflistung unserer aktuellen wissenschaftlichen Publikationen.
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Aktuelles aus der urologischen Forschung
Neuer Artikel zu Mindestfallzahlen für die Nierentransplantation
Unser Oberarzt Philipp Reimold hat sich in einer Publikation, die im Deutschen Ärzteblatt erschienen ist, mit dem Thema „Jährliche Zentrumsfallzahlen als Voraussetzung für die Nierentransplantation“ beschäftigt. Analysiert wurden Qualitätssicherungsdaten deutscher Krankenhäuser von 2013–2021.
Die Vorgabe einer jährlichen Mindestfallzahl gilt als wichtiges Instrument zur Sicherstellung optimaler Ergebnisse bei der #Nierentransplantation (NT). Ziel der Studie war es, anhand der Qualitätsdaten der Transplantationszentren den gültigen Cut-Off-Wert von 25 Transplantationen/Jahr zu überprüfen.
Analysiert wurden 12 409 postmortale NT und 5 096 Lebendspende-NT. Mit dem derzeit gültigen Cut-off-Wert von 25 NT/Jahr, der über alle Zentrumsgrößen hinweg 72-mal unterschritten wurde, gab es für postmortale NT einen Unterschied in den Komplikationsraten zugunsten kleinerer Zentren. Zentren mit höherer Fallzahl erzielten bessere Ergebnisse bei der sofortigen Transplantatfunktion. Hinsichtlich der guten Transplantatqualität bei Entlassung fand sich kein Unterschied.
Insgesamt sprechen die Ergebnisse gegen den Nutzen einer Mindestfallzahl für die NT. Stattdessen sollten die erhobenen Qualitätssicherungsdaten auf der Ebene der Zentren genau überwacht und als maßgeblich für die Entscheidung betrachtet werden, ob an einem Zentrum transplantiert werden darf oder nicht. Denn Mindestfallzahlen können auch im besten Fall nur ein Surrogatparameter für Ergebnisqualität sein. Dieser verliert seine Berechtigung, sobald die Qualität selbst verbindlich erhoben wird.
Abb.1: Perioperative Komplikationen, sofortige Transplantatfunktion und gute Transplantatqualität in Abhängigkeit der geforderten Mindestmenge von 25 NT/Jahr
Abb.2: Perioperative Komplikationen, sofortige Transplantatfunktion und gute Transplantatqualität in Abhängigkeit der durchgeführten NT/Jahr
Neuer Artikel "Entscheidungshilfe Prostatakrebs optimiert Versorgung"
In einem Beitrag, der in der Fachzeitschrift UroForum erschienen ist, haben wir uns mit der Online-Entscheidungshilfe Prostatakrebs befasst, die sich als Alternative zu herkömmlichen Broschüren entwickelt hat.
Als Online-Information unterstützt dieses kostenlose Angebot der Urologischen Stiftung Gesundheit die leitliniengerechte Behandlungsentscheidung vor einer möglichen lokalen Behandlung bei Patienten mit der Erstdiagnose eines Prostatakarzinoms (PCa). Erste Daten aus der Post-Market Surveillance zeigen eine Senkung von Entscheidungskonflikt und Stress sowie eine Verbesserung des Wissens bei den Patienten.
Weitere Informationen zur Entscheidungshilfe Prostatakrebs sind unter www.entscheidungshilfe-prostatakrebs.info zu finden. Zugangskarten für Patienten können unter bestellung@entscheidungshilfe-prostatakrebs.de angefordert werden. Fragen und Anregungen schicken Sie gerne an das Projektteam an info@entscheidungshilfe-prostatakrebs.de.
Quelle: Karschuck P, Groeben C, Kessler E, Wülfing C, Borchers H, Michel MS, Huber J (2024): Entscheidungshilfe Prostatakrebs optimiert Versorgung. Uroforum 08/24, Kulmbach (Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von Franz-Günter Runkel/UroForum)
Neue Publikation "Deutschlands erste roboterassistierte postmortale Nierentransplantation"
Unser Nierentransplantationsteam um Prof. Dr. Dr. Johannes Huber hat in der Fachzeitschrift „Die Urologie“ einen Beitrag über die erste DaVinci-Roboterassistierte Nierentransplantation einer postmortalen Spenderniere in Deutschland veröffentlicht, die jüngst in Marburg durchgeführt wurde.
Roboterassistierte Nierentransplantationen werden in Europa seit 2015 und aktuell in 18 urologischen Zentren angeboten. In Deutschland verbreitet sich die Technik langsam – zuletzt führten neben Marburg noch die urologische Zentren Homburg/Saar und Halle/Saale diese Art der Eingriffe durch.
Im Beitrag wird neben der OP-Technik und dem klinischen Verlauf insbesondere auf Chancen dieser OP-Technik und auch deren Herausforderungen hingewiesen.
Die Erfahrung am Marburger Transplantationszentrum deckt sich mit den Erkenntnissen aus der Literatur, dass die roboterassistierte postmortale Nierentransplantation eine sichere Methode ist, um die Prinzipien der offenen Transplantationschirurgie um die Vorteile der minimal-invasiven Methodik zu ergänzen.
Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die Technik an Zentren mit Erfahrung in der robotischen Lebendnierenspende und der offenen Transplantation sicher durchführbar ist und eine gute Alternative zur offenen Transplantation bietet – insbesondere für Patienten mit Adipositas permagna.
Wir freuen uns, dass wir dem Patienten trotz der anspruchsvollen Bedingungen mithilfe der Robotik besonders gut helfen konnten und wünschen ihm mit seiner neuen Niere ein langes und gesundes Leben!
Die Online-Version des Artikels findet sich hier.
Abb.: Das OP-Team bei der Backtable-Präparation (v. l. n. r.): J. Huber, C. Keil, L. Peters, P. Reimold,
C. Volberg, F. Kormann, E. Bonnard
Neue Publikationen zum Thema urinbasierter Diagnostik bei Prostatakarzinom und SARS-CoV-2
Unser Oberarzt Dr. Hendrik Heers hat sich in zwei neuen Publikationen mit urinbasierter Diagnostik bei Prostatakarzinom bzw. Covid beschäftigt. Dabei geht es um „geruchsbasierte“ Technologien: Mit einer „elektronische Nase“ und mit Ionenmobilitätsspektrometrie werden flüchtige organische Verbindungen (VOC) in der Luft über Urinproben erfasst.
Hintergrund der ersten Publikation ist, dass SARS-CoV-2 in der Regel anhand von Nasen-/Rachenabstrichen diagnostiziert wird. Diese Tests sind für Patienten oft unangenehm und anfällig für falsche Ergebnisse. In der Studie wurde ein neuer diagnostischer Ansatz zur Covid-19-Detektion aus dem Urin von Patienten untersucht.
Hierfür wurden 84 Patienten mit positiver PCR für SARS-CoV-2 rekrutiert sowie 54 symptomatische Personen mit negativer PCR. Mittels Ionenmobilitätsspektrometrie (IMS), die einzelne molekulare Komponenten einer Gasprobe auf der Grundlage ihrer Größe, Konfiguration und Ladung nach Ionisierung nachweist, wurden Urinproben für die VOC-Analyse untersucht.
Als Ergebnisse ließen sich festhalten, dass die Peak-Analyse der 84 Covid- und 54 Kontrollproben eine gute Gruppentrennung zeigte. Insgesamt wurden 37 einzelne spezifische Peaks identifiziert, von denen 5 (P134, 198, 135, 75, 136) für signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen verantwortlich waren, was zu einer Sensitivität von 89-94 % und einer Spezifität von 82-94 % führte. Aus den relevanten Peaks wurde ein Entscheidungsbaum erstellt, der zu einer kombinierten Sensitivität und Spezifität von jeweils 98 % führte.
Zusammenfassend ist die VOC-basierte Covid-Diagnose aus Urin ein vielversprechender neuer Ansatz. Es wurden molekulare Peaks identifiziert, die offensichtlich krankheitsspezifisch sind. Weitere Studien sind erforderlich, um die Empfindlichkeit und Spezifität zu validieren.
Bild: Beispiel für Rohdaten, die ungefilterte Peaks in einer Covid-negativen (oberes Bild) und Covid-positiven (unteres Bild) Probe. Innerhalb des grünen Rahmens die krankheitsspezifischen Peaks 134, 135, 136 und 75.
Hintergrund der zweiten Publikation ist, dass viele Krankheiten spezifische Stoffwechselprodukte hinterlassen, die in Atem und Urin als flüchtige organische Verbindungen (volatile organic compounds, VOC) nachgewiesen werden können. VOC-basierte Methoden wurden bereits zum Nachweis von verschiedenen Tumor- und Infektionserkrankungen beschrieben. In der aktuellen Studie wurde untersucht, ob Prostatakrebs anhand von VOCs im Urin diagnostiziert werden kann.
Hierfür wurden Mittelstrahlurinproben von 56 Patienten mit histologisch bestätigtem Prostatakrebs gesammelt. Eine Kontrollgruppe wurde aus 53 gesunden männlichen Freiwilligen gebildet, die sich kürzlich einer negativen Prostatakrebsvorsorge unterzogen hatten.
Als Ergebnis der zweiten Studie lässt sich festhalten, dass der VOC-basierte Nachweis von Prostatakrebs prinzipiell machbar erscheint. Während die ersten Ergebnisse mit einer elektronischen Nase einige Einschränkungen aufweisen, kann der Ansatz mit anderen urinbasierten Markersystemen konkurrieren. Allerdings scheint der VOC-basierte Nachweis weniger zuverlässig zu sein als der PSA-Test. Ionenmobilitätsspektrometrie (IMS) ist genauer als die elektronische Nase und weist eine vielversprechende Sensitivität und Spezifität auf, was weitere Untersuchungen rechtfertigt. Die einzelnen relevanten Metaboliten, die durch IMS identifiziert werden, sollten durch Gaschromatographie/Massenspektrometrie weiter charakterisiert werden, um potenzielle gezielte Schnelltests zu erleichtern.
Bild: Entscheidungsbaum zur Gruppentrennung zwischen Prostatakrebs (Karzinom) und Kontrollen (KG) mit Ionenmobilitätsspektrometrie (IMS).
Neue Publikation zur Entscheidungshilfe Prostatakrebs
Die Entscheidungshilfe Prostatakrebs (www.entscheidungshilfe-prostatakrebs.info) ist eine internetbasierte Softwareanwendung für Patienten nach der Diagnose eines Prostatakarzinoms. Das Medizinprodukt dient der individualisierten Information des Patienten, der erweiterten ärztlichen Diagnostik und der Vorbereitung einer partizipativen Therapieentscheidung. Die Therapieentscheidung selbst erfolgt im ärztlichen Gespräch. Mittlerweile haben über 21.000 Patienten die Entscheidungshilfe Prostatakrebs genutzt und sie ist sehr gut im urologischen Versorgungsalltag etabliert.
In einer aktuellen Publikation, die in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift BJU International erschienen ist, haben wir die Entscheidungshilfe Prostatakrebs evaluiert und 11.290 Patienten und 91 Urologinnen und Urologen in Deutschland befragt.
Um personalisierte Informationen zu liefern, erfasst die Entscheidungshilfe die meisten Items des Standard Set des International Consortium for Health Outcomes Measurement, d.h. persönliche Präferenzen, psychologische Merkmale und eine validierte Bewertung des Tools. Um die Angaben der Urologinnen und Urologen bewerten zu können, haben wir einen strukturierten zweiseitigen Fragebogen entwickelt. Alle Daten wurden anonymisiert erhoben.
Als Ergebnisse lassen sich festhalten, dass von 06.2016 bis 12.2020 ingesamt 11.290 Patienten die Entscheidungshilfe Prostatakrebs nutzten. Ihr medianes Alter lag bei 67 (61-72) Jahren. Die mediane Zeit von der Erstdiagnose bis zur Nutzung der Entscheidungshilfe betrug 4 (3-7) Wochen. Insgesamt gaben 87,7% der Nutzer eine hohe Zufriedenheit an. In einem multivariablen Modell waren die Prädiktoren für die Erwägung einer beobachteten Therapieoption ein höherer Wissensstand, die Verwendung der Entscheidungshilfe allein, ein geringeres onkologisches Risiko, eine normale Erektionsfähigkeit und die jeweiligen persönlichen Präferenzen.
Von 194 Urologinnen und Urologen hatten 91 (47%) die Entscheidungshilfe in ihrer klinischen Praxis eingesetzt. Die Zufriedenheit der Urologinnen und Urologen lag im Durchschnitt bei 1,45 (in Schulnoten 1=sehr gut; 6=unbefriedigend). 92% würden das Angebot weiterempfehlen und die Hälfte der Urologinnen und Urologen berichtete über eine Zeitersparnis.
Zusammenfassend berichten Patienten und Urologinnen und Urologen von einer sehr hohen Akzeptanz und Zufriedenheit mit diesem Online-Tool. Es bietet Vorteile bei der gemeinsamen Entscheidungsfindung und Zeiteffizienz. Die Verwendung der Entscheidungshilfe könnte die Akzeptanz der active surveillance und des watchful waiting bei entsprechender Indikation verbessern.
Bericht zur 29. Jahrestagung des Arbeitskreises Nierentransplantation der Deutschen Gesellschaft für Urologie e. V. in Marburg 2023
Vom 23.-25. November 2023 fand die 29. Jahrestagung des Arbeitskreises #Nierentransplantation der Deutschen Gesellschaft für Urologie e.V. (DGU), unter der wiss. Leitung von Johannes Huber, an der Urologischen Universitätsklinik Marburg statt.
In insgesamt 21 Fachvorträgen wurden die Themenschwerpunkte Nierentransplantation (NTx), Onkologie & Infektionen sowie Nephrologie dargestellt. In den ersten beiden Themenblöcken wurden die aktuelle Situation der NTx in Deutschland, Antibiotic Stewardship und Immunsuppression, Antikoagulation sowie die Robotische NTx behandelt. Anschließend wurden Cross-over Lebendnierenspende, NTx einer Hufeisenniere, Maschinenperfusion und infektiöse Komplikationen bei der NTx thematisiert.
In der nächsten Sitzung wurden die Themen BK-Infektion, Immunsuppression und Abstoßungstherapie nach NTx, Prostatakarzinom vor/nach NTx sowie Nierenzell-/Peniskarzinom und Hodentumore nach NTx ausgeführt. In einem anschließenden Workshop wurden klinikspezifischen Standards anhand einer aktuellen Umfrage von elf urologischen Nierentransplantationszentren ausgewertet.
Am nächsten Tag stand der Fachbereich Nephrologie im Mittelpunkt. Die Vorträge behandelten die translationale Forschung bei NTx, den aktuellen Stand der Nierenlebendspende, Gefäßrekonstruktionen bei NTx, das Outcome in der Kindernierentransplantation, Informationen zur Zusatzbezeichnung Transplantationsmedizin sowie Virtual Reality und Artificial Intelligence bei der NTx.
Mit dem Bernd Schönberger Preis wurden die Vorträge „Evaluation von Immuncheckpointmediatoren in Urin und Blut als Marker für die Funktion von Nierentranplantaten: eine explorative Pilotstudie“ (Philipp Reimold) und
„Translationale Forschung bei NTx“ (Martin Rußwurm) ausgezeichnet.
Ein ausführlicher Tagungsbericht ist in der Fachzeitschrift "Die Urologie" erschienen: Flegar, L., Zeuschner, P., Kernig, K. et al. Bericht zur 29. Jahrestagung des Arbeitskreises Nierentransplantation der Deutschen Gesellschaft für Urologie e. V. in Marburg 2023. Urologie 63, 278–281 (2024). https://doi.org/10.1007/s00120-024-02287-6
Abbildung: Verleihung des Bernd Schönberger-Preises, Quelle: Flegar et al. (2024)
Neue Publikation zu Präferenzen von Patienten mit fortgeschrittenen urologischen Malignomen bei der Versorgung am Lebensende
Hintergrund der Studie ist, dass die meisten Menschen mit Tumorerkrankungen zu Hause sterben möchten, aber dies in der Realität meist nicht passiert. Die Studie wurde durchgeführt, um herauszufinden, inwieweit Patienten mit fortgeschrittenen urologischen #Malignomen Wünsche bezüglich ihrer letzten Lebensphase haben, entsprechende Vorkehrungen treffen und ihre Wünsche den Angehörigen und dem medizinischen Personal mitteilen.
Hierzu wurde eine Umfrage unter Patienten mit fortgeschrittenen urologischen Tumoren im Rahmen ihrer ambulanten Behandlung mittels eines 31-teiligen Fragebogens durchgeführt. Die Mehrheit der Patienten (88 %) gab an, dass sie über ihren bevorzugten #Sterbeort nachgedacht hatten, aber 58 % hatten niemanden darüber informiert.
Die Präferenz für ein Hospiz als Sterbeort korrelierte statistisch signifikant mit dem Fehlen einer Lebenspartnerschaft (p = 0,001 ) oder Ehe (p < 0,001) und mit einer hohen Anzahl von Symptomen (≥5; p = 0,009). Allerdings hatten 73 % der Befragten noch nicht mit ihrer behandelnden Uro-Onkologin oder ihrem Uro-Onkologen über Versorgungsmöglichkeiten im Falle einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustands gesprochen, obwohl 36 % der Befragten an einem solchen Gespräch interessiert waren.
Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse, dass 9 von 10 Patienten über ihren bevorzugten Sterbeort nachdachten, aber nur wenige mit jemandem darüber sprachen. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse sollten Ärztinnen und Ärzte und Pflegepersonal aktiv Gespräche über eine frühzeitige Planung initiieren, damit Patienten in unheilbaren Situationen ihre Wünsche für die letzte Lebensphase äußern und diese beachtet werden können.
Abbildung: Beschäftigung mit Wünschen für die letzte Lebensphase. Quelle: Volberg et al. (2024)
Neue Gesamtbevölkerungsanalyse von 2006-2021: Trends in der Nutzung von Hodenprothesen in Deutschland
Hodentumore sind die häufigsten bösartigen Erkrankungen bei jungen Erwachsenen sind und ihre Häufigkeit nimmt zu. Die Implantation einer Hodenprothese, z.B., während einer Orchiektomie oder im Verlauf ist die Möglichkeit plastisch den verlorenen Hoden zu ersetzen. Ziel der Studie war es zu verstehen, wofür Hodenprothesen in Deutschland verwendet werden.
In die aktuelle Analyse - von einem Forscherteam der Urologischen Universitätsklinik Marburg - wurden 12.753 chirurgische Eingriffe mit Implantation einer Hodenprothese und 1.244 Eingriffe mit Hodenprothesen-Explantation einbezogen. Die Implantation von Hodenprothesen stieg insgesamt von 699 Fällen im Jahr 2006 auf 870 Fälle im Jahr 2020 (+11,4 Fälle/Jahr; p < 0,001). Der Anteil der Implantation von Hodenprothesen aufgrund eines Hodentumors sank von 72,6 % im Jahr 2006 auf 67,5 % im Jahr 2020 (p < 0.001).
Interessanterweise stieg der Anteil der Implantation von Hodenprothesen aufgrund einer geschlechtsangleichenden Operation von 6,8 % im Jahr 2006 auf 23,3 % im Jahr 2020 (p < 0,001). Der Anteil der Implantationen aufgrund einer Hodenatrophie sank von 11,4 % im Jahr 2006 auf 3,4 % im Jahr 2020 (p < 0,001). Die gleichzeitige Implantation einer Hodenprothese während einer Orchiektomie bei Hodenkrebs stieg von 7,8 % im Jahr 2006 auf 11,4 % im Jahr 2020 (p < 0,001).
Im Jahr 2006 führten 146 Krankenhäuser (85 %) < 5 Hodenprothesen implantiert, während 20 Krankenhäuser (12%) 5-15 Implantationen durchführten und 6 Krankenhäuser (3%) > 15 Hodenimplantationen durchführten. Im Jahr 2021 führten 115 Krankenhäuser (72%) < 5 Hodenprothesen Hodenprothesenimplantationen durch, während 39 Krankenhäuser (25%) 5-15 Implantationen und 5 Krankenhäuser (3%) > 15 Hodenimplantationen Eingriffe durch.
Insgesamt zeigt die Studie, dass die Implantation von Hodenprothesen stetig zunimmt und die Explantationsraten im Vergleich niedrig sind. Neben Hodenkrebs waren Transgender-Operationen die Hauptursache für den Anstieg der Fallzahlen in den letzten Jahren.
Abbildung: Beschäftigung mit Wünschen für die letzte Lebensphase.
Neuer Artikel zum Thema Prähabilitation bei radikaler Zystektomie
In einem aktuellen Artikel aus dem Bereich Versorgungsforschung, der in der Fachzeitschrift Die Urologie erschienen ist, haben wir uns mit dem Thema „Prähabilitation bei radikaler Zystektomie“ beschäftigt.
Hintergrund ist, dass das Urothelkarzinom der Harnblase ist in Deutschland mit jährlich 30.000 Neuerkrankungen eine bedeutende Belastung für das Gesundheitssystem. Die radikale Zystektomie (operative Entfernung der Harnblase) ist der Goldstandard für das nicht-metastasierte muskelinvasive Harnblasenkarzinom und stellt gleichzeitig den uroonkologischen Standardeingriff mit der höchsten Sterblichkeit dar.
In dem Artikel haben wir uns mit dem Konzept der Prähabilitation vor radikaler Zystektomie, der Evidenzlage zur Prähabilitation und der Umsetzbarkeit von Rehabilitation und Prähabilitation im deutschen Gesundheitswesen befasst.
Im Fazit wurde u.a. festgehalten, dass die radikale Zystektomie der uroonkologische Standardeingriff mit der höchsten Mortalität ist. Dabei sind geriatrische und multimorbide Patienten besonders gefährdet. Die Prähabilitation kann ein wichtiger Baustein zur Reduktion postoperativer Komplikationen sein.
Insgesamt ist die wissenschaftliche Datenlage bislang heterogen und einheitlich definierte Standards fehlen. Ergebnisse zeigen bislang nur funktionelle Verbesserungen. Die Reduktion von Morbidität oder Mortalität wurden bislang nicht nachgewiesen. Die Prähabilitation könnte in der Zukunft eine finanzielle Entlastung für das deutsche Gesundheitssystem darstellen.
Abbildung: Therapiekonzept der Prähabilitation vor radikaler Zystektomie, Bildquelle: Christer Groeben
Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Medizinische Onkologie
Die Urologische Universitätsklinik Marburg war erfolgreich auf der DGHO23 (13.-16.10.2023) in Hamburg vertreten: Dr. Marcus Derigs stellte sein Poster zum Thema: “The impact of the combination therapy of nivolumab plus ipilimumab on the treatment of patients with metastasized renal cell carcinoma in low- vs. high-volume clinics” vor.
Dr. Derigs konnte stellvertretend für das gesamte Autorenteam zeigen, dass auch nach der Zulassung von Nivolumab plus Ipilimumab als Erstlinientherapie des metastasierten Nierenzellkarzinom (mRCC) ein höheres Facility Case Volume (Behandlung von >5 Patienten pro Jahr) zu einer positiven Beeinflussung der Behandlung von mRCC Patienten führt. Hierbei könnte die häufigere Erhebung des IMDC-Scores in high-volume Praxen eine Rolle gespielt haben.
Zusammenfassend geben die Daten einen Hinweis darauf, dass das Facility Volume auch in der Behandlung des mRCC eine Rolle spielt, wobei die häufigere Erhebung des IMDC Scores ausschlaggebend sein könnte.
Das Poster befindet sich zum Download hier.
Bildquelle: Marcus Derigs / Urologische Universitätsklinik Marburg, Contact: derigs@med.uni-marburg.de, presented at the 2023 DGHO Annual Conference, 13-16 October, Hamburg, Germany.
75. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie, Leipzig 20.-23.09.2023
Der Team der Urologischen Universitätsklinik war mit einigen wissenschaftlichen Vorträgen auf dem DGU-Kongress in Leipzig vertreten.
Dr. Luka Flegar präsentierte „Kriterien der Aufnahme auf die Warteliste zur NTX bei nachweislichem Prostatakarzinom – eine Sackgasse auch beim low-risk Karzinom?“.
Dr. Luka Flegar referierte außerdem zum Thema „Lutetium177 PSMA-Radioligandentherapie bei metastasiertem kastrationsresistentem Prostatakarzinom: Trends in Deutschland von 2016 bis 2021“. Dabei stellte er fest, dass die Behandlung von mCRPC mit 177Lu-PSMA RLT hat in den letzten Jahren in Deutschland stark zugenommen hat und eine zusätzliche Therapieoption ist. Die meisten Therapien werden an akademischen Kliniken durchgeführt. Diese Entwicklung ist bemerkenswert, da die formale Zulassung durch die EMA erst im Dezember 2022 erfolgte.
Dr. Cem Aksoy referierte zum Thema „Regulation der Immun-Checkpoint-Komponente PD-L1 an humanen Hodentumor-Zelllinien“. Dabei stellte er fest, dass die zelluläre Expression von PD-L1, inklusive IFNG-abhängiger Stimulierbarkeit, in den untersuchten Zelllinien heterogen war. Die Daten stützen die mögliche Relevanz des PD-L1-Systems für eine perspektivisch ICB-basierte Therapie des Hodentumors.
Außerdem präsentierte Dr. Aksoy Ergebnisse einer Umfrage unter Medizinstudierenden in Deutschland, die besagt, dass mehr Wissen über humane Papillomaviren die Impfraten verbessern. Selbst in einer positiv hochselektionierten Bevölkerungsgruppe von Medizinstudierenden besteht ein relevantes Informationsdefizit zu HPV. Höheres Wissen über HPV war mit einer höheren Impfquote assoziiert. Daher könnte eine stärkere Sensibilisierung der Öffentlichkeit für HPV bei jungen Erwachsenen die Impfraten verbessern. #PATE e.V. (Prävention and Aufklärung Testikulärer Erkrankungen) hat das Ziel, das Gesundheitsbewusstsein zu dieser Thematik zu erhöhen.
Dr. Philipp Reimold präsentierte „Die Entwicklung von urologischen und viszeralchirurgischen Nierentransplantationen in Deutschland: eine Totalerhebung von 2006 bis 2021“. Er verdeutlichte, dass ein Drittel aller NTx in Deutschland seit 2006 konstant durch urologische Kliniken durchgeführt wird. Während die Fallzahl in den letzten Jahren in den viszeralchirurgischen Kliniken stabil blieb, zeigte sich in den urologischen Kliniken ein rückläufiger Trend.
Quelle: Urologische Nachrichten, 09/2023, 75. Kongress der DGU 2023, Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Ärzte Zeitung / Springer Medizin
PD Dr. Christer Groeben leitete die Peer-to-Peer Sitzung „Meet the Expert: Ejaculatio Präcox: Neue Alternativen zu Pillen und Sprays?“. Hier wurde u.a. das Projekt #MELONGA vorgestellt, bei dem eine App entwickelt und getestet wird, die weltweit die erste App-basierten digitalen Medizin gegen vorzeitige Ejakulation ist. Nähere Informationen zur CLIMACS-Studie, bei der die MELONGA-App untersucht wird, finden Sie hier.
Außerdem präsentierte PD Dr. Groeben die Analyse „Deutsche Routinedaten: Highlights für die urologische Klinik und Praxis“. Er verdeutlichte die enormen Erwartungen an die zukünftige Weiterentwicklung der Routinedatenbanken. Eine bevölkerungsbasierte Datenbank mit longitudinalen Krankheits- und Behandlungsverläufen von Fällen urologischer Tumorentitäten in Verbindung mit Tumordaten, demografischen Daten und Details über die behandelnden Einrichtungen wäre das erstrebenswerte Ziel. Allerdings ist dies jedoch in absehbarer Zeit kein realistisches Szenario, sodass vielmehr schrittweise Erweiterungen der Register das wissenschaftliche Potenzial kontinuierlich erweitern werden.
Prof. Dr. Dr. Johannes Huber hatte u.a. den Vorsitz im Akademieforum des Arbeitskreises Versorgungsforschung „Noch ganz dicht? Aktuelles aus dem Gesundheitssystem und vom Umgang mit einer Volkskrankheit“. Hier wurde u.a. die Tatsache diskutiert, dass die Krankenhausreform auch das Aus für urologische Kliniken bedeuten könnte. Auch die Verluste durch Dokumentations- und Kodierfehler in der Urologie wurden thematisiert.
Bildquelle: Urologische Universitätsklinik Marburg, 26.09.2023
Neue Studie zum Thema "Ejaculatio Praecox" ab Oktober 2023
Der Umgang mit Patienten, die unter vorzeitigem Samenerguss leiden (Ejaculatio Praecox, EP), stellt die behandelnden Urolog:innen oftmals vor eine Herausforderung. EP ist eine stigmatisierte sexuelle Dysfunktion, die nicht nur etwa 30% der Männer sondern auch ihre jeweiligen Partner.innen betrifft. 90% der Männer suchen aufgrund von Angst vor Stigmatisierung oder wegen Datenschutzbedenken keine professionelle Hilfe auf.
Unter der Leitung von PD Dr. Christer Groeben (Leitender Oberarzt der Urologischen Universitätsklinik Marburg) startet ab Oktober 2023 eine Studie unter dem Titel CLIMACS, bei der eine digitale App untersucht wird (MELONGA), die verspricht die Symptome der EP zu lindern. Weitere Informationen zur CLIMACS-Studie finden Sie hier.
Die App wurde auf dem Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie in Leipzig das erste Mal der Öffentlichkeit präsentiert, am Freitag 22. September 2023, 15:15 – 15:45 Uhr / Raum 10 / Ebene 2.
Bildquelle: https://melonga.com/ (19.09.2023)
In einem aktuellen Beitrag für die Fachzeitschrift "Die Urologie" haben wir uns mit "Patientenveranstaltungen in der deutschen Urologie: Trend zu Hybridformaten?" beschäftigt.
Patientenveranstaltungen sind ein wichtiges Instrument, um auf das steigende Bedürfnis der Öffentlichkeit nach Gesundheitsinformationen zu reagieren. Hierfür bietet die Deutsche Gesellschaft für Urologie e.V. (DGU) auf ihren Jahreskongressen das „Patientenforum“ an. Ziel der Arbeit war die Evaluation der Veranstaltungen in den Jahren 2017 bis 2019 und ein Vergleich mit dem ersten digitalen Patientenforum 2020.
Anhand eines zweiseitigen, standardisierten Fragebogens befragten wir die Besucher*innen der Präsenzpatientenforen (Präsenzgruppe = P) der drei Jahreskongresse der DGU 2017–2019 sowie die Nutzer*innen des digitalen Angebots 2020 (Onlinegruppe = O).
Als Ergebnisse erhielten wir für die Jahre 2017–2019 n = 71 und für 2020 n = 18 Datensätze. Das mediane Alter der Besucher*innen lag bei 64 (Spannweite 30–89) Jahren. Männlich waren 66 % (P) vs. 83 % (O) der Teilnehmer*innen (p = 0,005). Das Angebot wurde von beiden Gruppen gleichermaßen insgesamt als gut bis sehr gut bewertet, d. h. in Schulnoten 1,6 (P) vs. 1,6 (O; p = 0,7). Die Möglichkeit Fragen zu stellen wurde entsprechend der geringeren Interaktion im digitalen Format in Schulnoten mit 1,5 (P) vs. 2,8 (O) schlechter bewertet (p = 0,003). Auf die Frage nach dem zukünftig gewünschten Veranstaltungsformat sprachen sich die Nutzer des digitalen Patientenforums mit zwei Dritteln für eine Hybridveranstaltung vor Ort und online aus.
Schlussfolgernd eignen sich Patientenveranstaltungen als Kommunikationsform für die Öffentlichkeit und werden von den Besucher*innen gut bewertet. Insbesondere die direkte Interaktion mit Expert*innen hat hier einen hohen Stellenwert. Präsenzformate sind mit einem hohen logistischen Aufwand sowie hohen Kosten verbunden und ihre Reichweite ist limitiert. Zukünftig können Hybridformate eine sinnvolle Alternative sein, da sie die Vorteile von Online- und Präsenzformaten kombinieren.
Karschuck P, Müller L, Groeben C, Aksoy C, Flegar L, Zacharis A, Baunacke M, Wülfing C, Huber J. Patientenveranstaltungen in der deutschen Urologie: Trend zu Hybridformaten? Die Urologie. 2023. doi: 10.1007/s00120-023-02162-w.
Abbildung 1: Übersicht der DGU-Patientenforen (Deutsche Gesellschaft für Urologie e.V.) 2017–2020
Abbildung 2: Zusammenfassung der Evaluationsergebnisse
In einer aktuellen Studie haben wir uns mit der „Entwicklung der Zirkumzisionszahlen in Deutschland seit Billigung der rituellen Beschneidung“ beschäftigt und eine bevölkerungsbezogene Analyse von 2013 bis 2018 vorgelegt. Dabei wurden Daten des Instituts für angewandte Gesundheitsforschung GmbH (InGef) ausgewertet, mit nach Alter und Region repräsentativen 4,9 Mio. Versichertenanonymen, stratifiziert nach Alter (< 18 vs. ≥ 18 Jahren), Kassenärztlicher Vereinigung und Art der Leistungserbringung (ambulant vs. stationär).
Im Ergebnis zeigte sich, dass im Studienzeitraum insgesamt 673.819 Beschneidungen durchgeführt wurden. Ab 2014 kam es zu einem signifikanten Rückgang der Fallzahlen in allen Altersgruppen (p = 0,049). Dabei haben während des gesamten Studienzeitraums die Beschneidungen bei Minderjährigen signifikant zu- (p = 0,002) und die Eingriffe bei Erwachsenen signifikant abgenommen (p = 0,01). Die Zahl der männlichen Minderjährigen stieg um 4 % von 6.709.137 (2013) auf 6.992.943 (2018). Die entsprechende bevölkerungsbezogene Zahl stieg von 7,5 Beschneidungen pro 1000 Minderjährige im Jahr 2013 auf 8 im Jahr 2018 (p = 0,037).
Schlussfolgernd konnten wir festhalten, dass es nach der Verabschiedung des Beschneidungsgesetzes (Billigung der rituellen männlichen Beschneidungen) im Dezember 2012 zu einer moderaten Zunahme der Zirkumzisionen in der Altersgruppe < 18 Jahre, während der Anteil bei Erwachsenen Zirkumzisionen im gleichen Zeitraum sank. Eine Limitation der Studie ist, dass ein unbestimmter Anteil ritueller Beschneidungen außerhalb des Gesundheitssystems erfolgte.
Abbildung 1: Bundesweite Hochrechnung der Beschneidungen von 2013–2018
Abbildung 2: Anzahl von Zirkumzisionen (ZiZi) pro 1000 männlicher Minderjähriger
Das Team der Urogischen Universitätsklinik Marburg war mit einigen wissenschaftlichen Vorträgen auf dem Kongress der European Association of Urology in Mailand vertreten.
Marius Butea-Bocu trug seine Forschungsergebnisse zum Einfluss der Covid-19 Pandemie auf Stadien verschiedener Tumorerkrankungen vor (Increase of advanced tumor stages during the corona pandemic? An analysis of 13,228 patients from an uro-oncology outpatient rehabilitation clinic).
Marcus Derigs präsentierte Daten einer retrospektiven Analyse zur Therapie des Nierenzellkarzinoms mit Ipilimumab und Nivolumab (Introduction of dual checkpoint inhibition with nivolumab plus ipilimumab in advanced renal cell carcinoma: Results of a retrospective comparative analysis of real-world data in Germany).
Hendrik Heers sprach über die palliative Versorgung von Patienten mit urologischen Tumorerkrankungen. Sein Abstract (End of life care - Preferences of patients with advanced urologic malignancies) wurde mit dem erstmals vergebenen Helmut Haas Award ausgezeichnet.
(Bildquelle: European Association of Urology EAU)
Johannes Huber zeigte die Endergebnisse der EvEnt-PCA Studie zur Online-Entscheidungshilfe für Patienten mit Prostatakrebs (An online prostate cancer patient decision aid structurally improves patient care: Results from the EvEnt-PCA randomized controlled trial). Johannes Huber wurde zudem als Coautor einer Studie mit einem der Preise für das Best Scientific Paper ausgezeichnet (Beyer K, et al. Updating and Integrating Core Outcome Sets for Localised, Locally Advanced, Metastatic, and Nonmetastatic Castration-resistant Prostate Cancer: An Update from the PIONEER Consortium. Eur Urol. 2022 May;81(5):503-514).
Philipp Reimold referierte über den Tumormarker PD-L1 im Urin von Patienten mit Urothel- oder Nierenzellkarzinomen (PD-L1 as urine biomarker in urological malignancies).
(Bildquelle: privat)
In einer aktuellen Publikation haben wir uns mit der „Versorgungsstruktur der ambulanten Urologie in Deutschland“ beschäftigt und aktuelle Daten zur ambulanten Patientenversorgung in Deutschland geliefert. Dabei wurden Daten des Arztverzeichnisses der Stiftung Gesundheit sowie der Bundesärztekammer und des Statistischen Bundesamtes ausgewertet (Stichtag: 31.12.2020).
Im Ergebnis zeigte sich, dass in größeren Städten die Mehrheit der niedergelassenen Urolog*innen in Berufsausübungsgemeinschaften (BAG) arbeitet und durchschnittlich weniger Patient*innen betreut. Im ländlichen Raum zeigt sich hingegen ein besonders hoher Anteil an Einzelpraxen mit mehr zu versorgenden Einwohnern pro Urolog*in. Auffällig ist, dass Urologinnen häufiger in der stationären Versorgung arbeiten. Wenn sich Fachärztinnen für Urologie für die Niederlassung entscheiden, dann eher in BAG und eher in städtischen Gebieten. Außerdem zeigt sich eine Verschiebung der Geschlechterverteilung: Je jünger die betrachtete Alterssubgruppe, desto höher liegt der Anteil an Urologinnen unter allen Kolleg*innen.
Hierbei deuten sich Trends an, die die Art zu arbeiten und die Patientenversorgung in einigen Jahren maßgeblich beeinflussen werden: Die jüngere Generation an FÄ-Uro hat offensichtlich andere Wünsche an die Art zu arbeiten als die Kolleg*innen zuvor. Zugunsten von wünschenswerten Rahmenbedingungen scheinen sie eher bereit zu sein, auf einen Teil des möglichen Einkommens zu verzichten. Einzelpraxen sind gerade in weniger besiedelten Regionen ein wichtiges Mittel zur Gewährleistung der flächendeckenden Versorgung, dürften aber aufgrund der Gender- und Generationseffekte weniger beliebt werden.
Haas, H., Müller, L., Speck, T. et al. Versorgungsstruktur der ambulanten Urologie in Deutschland. Urologie (2023). https://doi.org/10.1007/s00120-023-02048-x
Abbildung: Altersstruktur aller Fachärzt*innen für Urologie (ambulante und stationäre Tätigkeit), Stichtag: 31.12.2020
In einer weiteren Studie haben wir die Akzeptanz und die aktuellen Trends der Radio-Liganden-Therapie (RLT) mit Lutetium-177-PSMA-RLT für Patienten mit metastasiertem kastrationsresistenten Prostatakarzinom (mCRPC) in Deutschland untersucht. Wir analysierten Daten aus dem reimbursement.INFO-Tool auf Basis der Qualitätsberichte deutscher Krankenhäuser für Lutetium-177-PSMA-RLT von 2016 bis 2020 und aus der bundesweiten deutschen Krankenhausabrechnungsdatenbank (Destatis) für die allgemeine Therapie mit offenen Radionukliden in Kombination mit Prostatakrebs von 2006 bis 2020. Insgesamt konnten 12.553 177Lu-PSMA-RLT-Zyklen identifiziert werden. Die Zahl der 177Lu-PSMA-RLTs stieg kontinuierlich von insgesamt 1026 Therapien im Jahr 2016 auf 3328 Therapien im Jahr 2020 (+ 576 RLT/Jahr; p < 0,005). Die Behandlung des mCRPC mit 177Lu-PSMA RLT hat in den letzten Jahren in Deutschland stark zugenommen und stellt eine zusätzliche Therapieoption dar. Diese Entwicklung ist bemerkenswert, da die formale Zulassung durch die Europäische Arzneimittel Agentur (EMA) erst im Dezember 2022 erfolgte.
Flegar, L., Thoduka, S.G., Librizzi, D. et al. Adoption of Lutetium-177 PSMA radioligand therapy for metastatic castration resistant prostate cancer: a total population analysis in Germany from 2016 to 2020. Eur J Nucl Med Mol Imaging (2023). https://doi.org/10.1007/s00259-023-06139-x
In einer weiteren Studie konnten wir zeigen, dass online Krankenhausbewertungsportale ("Krankenhaus-Navigatoren") bei uro-onkologischen Patienten in Deutschland, die sich einer elektiven Operation unterziehen, eine untergeordnete Rolle spielen. Stattdessen scheint die persönliche Beratung durch den behandelnden Urologen viel wichtiger zu sein. Obwohl die Nutzer eines Online-Bewertungsportals die bereitgestellten Informationen überwiegend positiv bewerteten, änderte nur ein Viertel der Nutzer die ursprüngliche Krankenhauswahl. Zudem wurden die Merkmale "Stress" und "Entscheidungskonflikt" von der Nutzung eines Onlineportals nicht positiv beeinflusst. Diese Merkmale wurden letztendlich durch den Erstkontakt mit der behandelnden Klinik positiv beeinflusst und Vorbehalte wurden reduziert.
Groeben, C., Boehm, K., Koch, R. et al. Hospital rating websites play a minor role for uro-oncologic patients when choosing a hospital for major surgery: results of the German multicenter NAVIGATOR-study. World J Urol (2023). https://doi.org/10.1007/s00345-022-04271-1
Abbildung: Quellen für Informationen für die Krankenhauswahl (n = 812) und Auswirkung der Nutzung eines Krankenhausbewertungsportals (n = 35).