Kardiotechnik
Die sogenannte extrakorporale Zirkulation mit Hilfe einer Herz-Lungen-Maschine (HLM) ermöglicht heutzutage komplexe Eingriffe am offenen Herzen. In der heutigen chirurgischen Therapie von erworbenen oder angeborenen Erkrankungen des Herzens ist der Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine nicht mehr weg zu denken. Sie gehört zum Standardverfahren einer Herzoperation und wird bei der überwiegenden Zahl an Herzoperationen eingesetzt. Zu diesen Operationen gehören Eingriffe im Bereich des Herzkranzgefäßsystems, der Herzklappen, der großen herznahen Gefäße und angeborene Herz- oder Gefäßmissbildungen, bei denen es notwendig ist, Herz und Lunge vom natürlichen Kreislauf abzukoppeln und das Herz stillzulegen.
Die erste erfolgreiche Herzoperation mit Hilfe einer Herz-Lungen-Maschine am menschlichen Herz erfolgte im Jahr 1953 in den Vereinigten Staaten von Amerika durch John Gibbon. In den darauffolgenden Jahren etablierte sich diese Technologie auch in Deutschland. Im Jahr 1958 erfolgte die erste erfolgreiche offene Herzoperation in Deutschland am Universitätsklinikum in Marburg durch den damaligen Lehrstuhlinhaber für Chirurgie, Professor Dr. Rudolf Zenker. Somit ist die Herzchirurgie und die Anwendung einer extrakorporalen Zirkulation traditioneller Weise mit unserem Universitätsklinikum verbunden.
Trotz der eher jungen Geschichte der Herz-Lungen-Maschine konnten in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche Verbesserungen in dieser medizinischen Technologie erzielt werden, die zu einer deutlich höheren Patientensicherheit geführt haben. Ohne diesen technologischen Fortschritt wäre eine moderne und sichere Herzoperation nicht möglich.
Aufbau einer Herz-Lungen-Maschine
Die modernen Herz-Lungen-Maschinen sind als sogenanntes Modulsystem aufgebaut. Auf einer Konsole, die ein Netzwerk und die Stromversorgung in sich birgt, stehen je nach Bedarf zwischen vier und fünf Pumpenmodule, die über ein Rollersystem das Blut durch die verschiedenen Bestandteile der HLM leiten. Über eine Bedienkonsole und verschiedene Anzeigendisplays können Druck- und Flussraten sowie Temperatur und Sauerstoffsättigung kontrolliert und gegebenenfalls den jeweiligen Bedürfnissen angepasst werden. Sicherheits- und Alarmsysteme können eine mögliche Luftansammlung oder Gerinnselbildung innerhalb der Maschine anzeigen. Über ein Filtersystem können Gewebebestandteil aus dem Blut separiert werden, ebenfalls kann das Blut ähnlich einer Dialyse gewaschen werden.
Funktionsweise
Über Kanülen bzw. ein Schlauchsystem, das in den großen Hohlvenen liegt, wird das sauerstoffarme Blut des Herzens passiv in das venöse Reservoir der Herz-Lungen-Maschine eingeleitet. Über ein Rollerpumpensystem wird das Blut nun in einen sogenannten Membranoxygenator (künstliche Lunge) geführt, wo der Sauerstoffaustausch stattfinden kann. Nachdem es mit Sauerstoff angereichert und Kohlendioxid entfernt wurde, wird das Blut in die Körperschlagader (Aorta) zurückgeführt, von wo es über das menschliche Gefäßsystem den Körperkreislauf mit sauerstoffreichem Blut versorgen kann. Verschiedene Filtersysteme reinigen das Blut von groben Zell- und Gewebebestandteilen bevor es dem Körperkreislauf zurückgeführt wird. Vor Beginn der extrakorporalen Zirkulation wird die Blutgerinnung mit dem Medikament Heparin aufgehoben. Dadurch wird eine etwaige Gerinnselbildung innerhalb der Herz-Lungen-Maschine und dem Schlauchsystem verhindert. Über eine spezielle Gerinnungsdiagnostik (ACT, activated clotting time) steuert man während der Operation die Heparindosierung. Während der Operation erfolgt die ständige Kontrolle von wichtigen Vitalparametern, welche die lebenswichtigen Körperfunktionen des Patienten wiedergeben. Physiologische Veränderungen im menschlichen Körper, die durch den Einsatz der extrakorporalen Zirkulation zustande kommen, wie die Bluttemperatur, die Blutzusammensetzung und der Säure-Basen-Haushalt werden durch den Kardiotechniker ausgeglichen.
In engster Zusammenarbeit mit dem Herzchirurgen und dem Narkosearzt überwacht der Kardiotechniker die Funktionsweise der Herz-Lungen-Maschine und kann somit während der Operation für optimale Herz-Kreislauf-Verhältnisse und eine ausreichende Durchblutung des gesamten Organismus sorgen, während Herz und Lunge über die extrakorporale Zirkulation überbrückt werden.
Um den Einsatz von Fremdblut während eines herzchirurgischen Eingriffes so gering wie möglich zu halten, wird das patienteneigene Blut, über verschiedene Absaugsysteme während des operativen Eingriffes aus dem Operationsfeld abgesaugt und dem Patienten zurückgeführt. In unserer Klinik kommen dabei regelhaft Systeme zur Zellseperation (Cell-saver), die Hämofiltration und die Hämodialyse, zum Einsatz.
Aufgabengebiet
Die Kardiotechnik beschäftigt sich mit den physiologischen und pathophysiologischen Vorgängen des menschlichen Körpers während der extrakorporalen Zirkulation. Die Versorgung von Patienten mit Herz-Kreislauf- und Lungenunterstützungssystemen gehört ebenfalls zu den Hauptaufgaben der Abteilung für Kardiotechnik am Universitätsklinikum. Neben kurzfristigen Maßnahmen wie der ECMO-Therapie (extrakorporale Membranoxygenierung) beim akuten Lungenversagen des Erwachsenen kommen auch weitere Therapiemöglichkeiten wie zum Beispiel der Einsatz einer IABP (intraaortale Ballonpumpe) beim akuten Linksherzversagen zum Einsatz.
Kardiotechnik-Team
Leitender Kardiotechniker
Herr Stefan Kasseckert
Tel.: 06421/58-62220
E-Mail: stefan.kasseckert@wkk-perfusionsservice.de
Herr Wolgang Peter
Tel: 06421/58-62220
E-Mail: wolfgang.peter@wkk-perfusionsservice.de