Informationen zum Familiären Pankreaskarzinom
Was wissen wir über den familiären Bauchspeicheldrüsenkrebs?
Die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) ist ein im oberen Bereich der Bauchhöhle gelegenes Organ. In den letzten 20 Jahren haben Krebserkrankungen der Bauchspeicheldrüse (duktales Adenokarzinom des Pankreas) stetig zugenommen. Derzeit erkranken etwa 11000 Menschen in der Bundesrepublik jährlich an einem Bauchspeicheldrüsenkrebs. Häufig werden die Tumore erst in einem fortgeschrittenen Stadium entdeckt, so dass sie nicht mehr komplett operativ entfernt werden können. Dann ist eine Heilung mit den heute zur Verfügung stehenden Mitteln in den allermeisten Fällen nicht mehr möglich. Untersuchungsverfahren zur Aufdeckung von Krebserkrankungen der Bauchspeicheldrüse sind aufwendig und teilweise auch belastend. Daher ist es wichtig herauszufinden, welche Menschen gefährdet sind, an einem Bauchspeicheldrüsenkrebs zu erkranken, und welche Risikopersonen von der Teilnahme an einem gezielten Früherkennungsprogramm profitieren.
Bei etwa jedem 20. Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs findet sich mindestens ein weiterer Familienangehöriger 1. oder 2. Grades mit diesem Tumor. Man spricht dann von einem familiären Bauchspeicheldrüsenkrebs (FPC). Inzwischen ist klar, dass Veränderungen in bestimmten Genen (z.B. ATM, BRCA1/2, CDKN2a) zur Entwicklung eines Bauchspeicheldrüsenkrebs veranlagen (Details siehe Bartsch et al. Dtsch Arztebl Int. 2021;118:163-168. https://doi.org/10.3238/arztebl.m2021.0004) Allerdings lassen sich derartige Genveränderungen bisher nur bei etwa 20% der FPC-Familien nachweisen. Es konnte gezeigt werden, dass Anlageträger einer prädisponierenden Keimbahnmutation, die rauchen, bis zu einem Jahrzehnt früher am Bauchspeicheldrüsenkrebs erkranken als nicht rauchende Anlageträger. Daher ist Nikotinverzicht derzeit eine der besten Möglichkeiten, das Risiko für die Entwicklung eines Pankreaskarzinoms deutlich zu senken!
FaPaCa - Familiärer Bauchspeicheldrüsenkrebs - was wollen wir erreichen?
Ziel des 1999 mit finanzieller Unterstützung der Deutschen Krebshilfe ins Leben gerufenen Projekts ist es, das klinische Erscheinungsbild, die Rolle von erblichen Veranlagungen/Mutationen und von äußeren Einflüssen beim familiären Bauchspeicheldrüsenkrebs zu ermitteln. Bisher wurden ca. 250 FPC-Familien in FaPaCa aufgenommen und bei über 300 Personen mindestens einmalig eine Vorsorgeuntersuchung durchgeführt. Da zur Entwicklung eines FPC offensichtlich viele unterschiedliche Genveränderungen veranlagen können und bisher nur wenige bekannt sind, führen wir regelmäßige komplexe genetische Analysen am Blut von Betroffenen durch, um neue Gene aufzudecken. Wir haben und wollen weiterhin dadurch Erkenntnisse gewinnen, die zu einer Verbesserung der Früherkennung und der Heilungschancen bei Risikopersonen von FPC-Familien führen. Zudem überprüfen wir kontinuierlich, welche Personen von einem Früherkennungsprogramm profitieren.
Wer qualifiziert sich für eine Aufnahme in FaPCa?
Voraussetzung für die Aufnahme in FaPaCa sind:
- zumindest 3 Verwandte 1. Grades (Eltern/Kinder) oder 2. Grades (Geschwister) in der Familie sind am Pankreaskarzinom erkrankt
- Nachweis einer zum Pankreaskarzinom prädisponierenden Genmutation (z.B. ATM, BRCA1/2, CDKN2a) und mindestens 1 Verwandter mit Pankreaskarzinom in der Familie
- die Diagnose Pankreaskarzinom der betroffenen Familienmitglieder muss durch Arztbrief und/oder Histologiebericht belegt sein
- Humangenetischer Beratungsbrief und ggf. schriftlicher Mutationsnachweis muss vorliegen
Vor jeder Aufnahme in FaPaCa muss ein genetisches Beratungsgespräch bei einem Facharzt/in für Humangenetik stattgefunden haben. Im Rahmen dessen werden der Familienstammbaum erhoben, das Tumorrisiko abgeschätzt und meist auch die Mutationsanalyse relevanter Gene eingeleitet. Aus dem erhobenen Familienstammbaum können Hinweise gewonnen werden, welche Rolle eine erbliche Veranlagung für die Tumorerkrankung in der Familie spielen könnte. Im Falle des Nachweises einer prädisponierenden Keimbahnmutation kann das Erkrankungsrisiko in etwa abgeschätzt werden und Familienmitglieder auf das Vorliegen dieser Mutation untersucht werden. In Abhängigkeit vom Vorliegen einer Mutation kann dann auch entschieden werden, ob die Teilnahme an einem Früherkennungsprogram sinnvoll und zu empfehlen ist.
Was kann durch die Teilnahme an der FaPaCa Studie auf Sie zukommen?
Da wir im Verlaufe der Teilnahme in regelmäßigen Abständen neue genetische Untersuchungen durchführen, kann es sein, dass wir im Verlauf der Teilnahme feststellen, dass es sich um eine Tumorerkrankung handelt, die hochwahrscheinlich durch Veränderungen der Erbinformation bedingt ist. Das plötzliche Bekanntwerden einer eventuellen Erblichkeit der Tumorerkrankung kann zu Schuldzuweisungen und Spannungen innerhalb der Familie führen. Das Recht auf Nichtwissen Ihrer Familienangehörigen, dass eine erbliche Tumorerkrankung in der Familie vorliegen könnte, ist von Ihnen und uns unbedingt zu berücksichtigen.
Sollten Sie am Früherkennungsprogramm teilnehmen, kann im Rahmen der jährlichen Vorsorgeuntersuchungen ein auffälliger Befund an der Bauchspeicheldrüse aufgedeckt werden, der eine Operationsempfehlung (teilweise oder komplette Entfernung der Bauchspeicheldrüse) zur Folge hat. Eine solche Operation kann einen entstehenden oder frühen Bauchspeicheldrüsenkrebs heilen, hat aber - je nach Typ der Operation - Auswirkungen auf die Lebensqualität. Da die Diagnostik der gefährlichen Vorläuferläsionen (PanIN3, IPMN mit hochgradiger Dysplasie) und von kleinen Tumoren (<1cm) mit den heutzutage verfügbaren bildgebenden Methoden immer noch sehr anspruchsvoll und schwierig ist, kann es auch mal sein, dass eine Operation durchgeführt wurde und sich dann in der endgültigen pathologischen Untersuchung kein Krebs und keine höhergradigen Krebsvorstufen finden.
Wer qualifiziert sich für die Teilnahme an einem Früherkennungsprogramm?
Gemäß einer Konsensuskonferenz aus dem Jahr 2019 (Goggins et al., Gut. 2020 Jan;69(1):7-17. Epub 2019 Oct 31, open access https://doi.org/10.1136/gutjnl-2019-319352) sollten alle Hochrisikopatienten einem Früherkennungsprogramm im Rahmen von kontrollierten Studien an Expertenzentren zugeführt werden. Als Hochrisikopersonen wurden von den Experten erst- und zweitgradige Verwandte von betroffenen Individuen aus oben definierten FPC-Familien charakterisiert. Dies wurde von FaPaCa bisher auch so gehandhabt. Allerdings hat die Auswertung des FaPaCa-Früherkennunsgprogramms der letzten 20 Jahre gezeigt, dass der diagnostische Ertrag und damit Nutzen und Aufwand einer Früherkennung wahrscheinlich nur bei Risikopersonen aus FPC-Familien mit nachgewiesener prädisponierender Mutation sinnvoll ist (Maurer et al., United European Gastroenterol J. 2024 Jul 19. doi: 10.1002/ueg2.12631. PMID: 39031472, Open Access https://doi.org/10.1002/ueg2.12631 ).
Aus diesem Grund werden wir - Gegensatz zu früher - künftig nur noch Risikopersonen in das Früherkennungsprogramm aufnehmen können, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:
- Träger einer zum Pankreaskarzinom veranlagenden Keimbahnmutation (z.B. ATM, BRCA1/2, PAlB2, CDKN2a), wenn mindestens ein Angehöriger, unabhängig vom Verwandtschaftsgrad, am Pankreaskarzinom (durch Arztbrief und/oder Histologiebericht belegt) erkrankt ist.
- Risikopersonen aus FPC-Familien mit mindestens 3 am Pankreaskarzinom erkrankten erst- oder zweitgradig Verwandten (durch Arztbrief und/oder Histologiebericht belegt) nach Überprüfung des Stammbaums.
Das Früherkennungsprogramm beginnt ab dem 50. Lebensjahr oder 10 Jahre vor dem jüngsten Erkrankungsalter in der Familie.
Was umfasst das FaPaCa-Früherkennungsproramm?
- Blutuntersuchung mit Bestimmung der Tumormarker CEA und CA-19-9 (jährlich), ggf. auch molekulare Marker wie miRNA196b, LCN2
- MRT plus sekretinverstärkte Magnetresonanz-Cholangio-Pancreatographie(MRCP) (jährlich)
- Endoskopischer Ultraschall (EUS) ggf. mit Feinnadelpunktion (alle 3 Jahre oder bei Auffälligkeiten im MRT)
Wie können Sie Ihre Entscheidung zur Teilnahme an FaPaCa wieder rückgängig machen?
Die Teilnahme an der FaPaCa ist freiwillig. Sie können jederzeit und ohne Angabe von Gründen Ihre Einwilligung widerrufen bzw. zurückziehen, ohne dass Ihnen hierdurch irgendwelche Nachteile entstehen. Mit dem Widerruf bzw. Zurückziehen der Einwilligungserklärung werden Ihre erhobenen Daten und gemachten Angaben sowie Ihr eventuell bereits eingesammeltes Erbmaterial umgehend vernichtet.