Kinderradiologie
Kinderradiologie
Die Kinderradiologie ist eine Subspezialität der Radiologie, die sich mit der bildgebenden Diagnostik von der Geburt bis zum jungen Erwachsenen im 18. Lebensjahr befasst. Dies ist eine sehr besondere Patientengruppe. Diese jungen Patienten sind nicht nur unterschiedlich groß, sie haben auch sehr unterschiedliche, altersspezifische Erkrankungen. Zur Verdeutlichung dieser Unterschiede kann ein einfaches Rechenbeispiel dienen: Während bei Erwachsenen das Körpergewicht typischerweise von etwa 50 bis 125 kg reicht, entsprechend einem Verhältnis von 1 : 2,5, untersuchen wir Kinder von 350g (Frühgeborenes) bis >70 kg (Jugendlicher). Die relative Bandbreite beträgt also 1 : 200! Dieses einfache Beispiel illustriert mit welcher Vielfalt von unterschiedlichen Patienten und Erkrankungen die Kinderradiologie arbeitet.
Die Kinderradiologie ist als zentrales Fach in der Versorgung pädiatrischer Erkrankungen gleichzeitig integraler Bestandteil der diagnostischen und interventionellen Radiologie. Damit ist es möglich den kleinen Patienten alle modernen bildgebenden Verfahren anzubieten. Dies reicht vom Ultraschall als Arbeitspferd der Kinderradiologie bis zu den aufwändigen Schnittbildverfahren Computertomographie (CT) und insbesondere Kernspintomographie (MRT). Als Teil der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie ist die bildgesteuerte mikroinvasive Therapie eine weitere Marburger Spezialität in der Kinderradiologie
Größenvergleich Thorax vom Frühgeborenen, Kleinkind und Jugendlichen
Größenvergleich der Hand vom Kleinkind und Jugendlichen
Ultraschall
Sehr viele klinische Fragen können mit einer Ultraschalluntersuchung beantwortet werden. Deswegen ist sie die häufigste und oft auch die einzige bildgebende Untersuchung. Technisch wird das Ultraschallbild mit Hilfe von Schallwellen oberhalb des hörbaren Bereiches erzeugt. Typische Einsatzbereiche sind Bauchschmerzen, Entzündungen der Nieren und Blase, Entwicklungsstörungen der Hüfte (Hüftdysplasie), und der Ausschluss von Hirnblutung bei Früh- und Neugeborenen.
Farbdoppler der hirnversorgenden Gefäße
Röntgen
Die konventionelle Röntgendiagnostik erfolgt im Kindesalter unter Anwendung besonderer Anstrengungen im Strahlenschutz. Die Röntgengeräte für die Kinderradiologie sind speziell ausgerüstet, damit die Strahlenexposition der Kinder möglichst gering bleibt. Zusätzlich wird ein Röntgenpass ausgestellt in dem die Röntgenuntersuchungen vermerkt sind, beispielsweise um unnötige Doppeluntersuchungen zu vermeiden.
Der häufigste Grund für eine Röntgenuntersuchung bei Kindern ist die nach einer Lungenentzündung. Eine andere sehr häufige Anwendung ist das Röntgen der Knochen zur Darstellung von Knochenbrüchen um eine Behandlung optimal planen und im Verlauf die Heilung beurteilen zu können.
Verschluckte 50 Cent-Münze mit Lage in der oberen Speiseröhre
Durchleuchtung
Eine besondere Art der Röntgenuntersuchung ist die Durchleuchtung. Dabei können Bewegungen im Röntgenbild erfasst werden. Dies geschieht zum Beispiel beim Miktionsurethrogramm (MCU). Hier wird zumeist über einen dünnen Blasenkatheter Kontrastmittel in die Harnblase gegeben und unter Durchleuchtung beobachtet, wie sich die Harnblase entleert. Bei Kindern mit Harnwegsinfektion kann beispielsweise ein Rückfluss des Kontrastmittels durch den Harnleiter in die Niere entdeckt werden. Eine andere typische Anwendung der Durchleuchtung ist Beobachtung der Magen-Darm-Passage oder der Lungenbelüftung während der Atmung. Letzteres hilf bei der Beurteilung von aspirierten, d.h. in die Luftröhre gelangten, Fremdkörpern. Ein häufiges Problem bei jungen Kindern.
MCU mit vesikourethralen Reflux links (Grad IV)
Computertomographie (CT)
Die Computertomographie ist eine moderne Schnittbildtechnik, die 3-dimensionale Schichtbilder des Körpers liefert. Die Kinder müssen hierbei einige Sekunden sehr ruhig liegen. Daher ist besonderes bei den Kleineren oft eine Narkose nötig. Mit modernen CT-Geräten kannte die Strahlenexposition bei dieser Untersuchungstechnik in den letzten 10 Jahren erheblich reduziert werden und durch die zunehmende Untersuchungsgeschwindigkeit wird immer seltener eine Narkose notwendig. Trotzdem wird diese Technik nur bei bestimmten, anders nicht zu beantwortenden Fragen eingesetzt. Typische Gründe für eine CT sind die Darstellung der Lunge bei komplexen Lungenerkrankungen oder die Darstellung der Atemwege und großen Gefäße im Brustkorb, z.B. angeborenen Fehlbildungen zur optimalen Planung einer Korrekturoperation.
CT vom Schädel auf Höhe der Seitenventrikelvorderhörner
Magnetresonanztomographie (MRT)
Die MRT liefert ebenso wie die Computertomographie Schichtbilder des Körpers. Da diese Untersuchung mit 30 bis 45 Minuten sehr viel länger als eine CT dauert ist hier oft eine Ruhigstellung oder gar Narkose der Kinder nötig. Da die MRT die Bilder mittels eines sehr starken Magnetfeldes strahlungsfrei erstellt ist sie besonders für die Kinderradiologie geeignet. Typische Anwendungsfelder sind komplexe Erkrankungen im Bauchraum, z.B. Tumore und die Darstellung von Erkrankungen des Bewegungsapparates die mit der konventionellen Röntgendiagnostik nur unzureichend erfasst werden können. Dazu zählen Verletzungen von Knochen, Sehnen und Bändern aber auch sogenannte aseptische Knochennekrosen.
MRT-Angiographie (Darstellung der Gefäße)
Interventionelle Kinderradiologie
Interventionelle Radiologie umfasst alle bildgesteuerten Eingriffe. Die reicht von der ultraschallgestützten Probeentnahme bis zu mikroinvasiven Therapie mittels Angiographie oder CT/MR-Steuerung. Einige typischerweise im Kindesalter auftretende Erkrankungen können so besonders gut geheilt werden. Dazu zählt beispielsweise das Osteoid-Osteom das häufig beim Jugendlichen auftritt und mit einer bildgesteuerten Anbohrung und Verkochung (Radiofrequenzablation) ohne die Notwendigkeit einer Operation geheilt werden kann. Ein anderes Beispiel sind Gefäßfehlbildungen (Hämangiome und Lymphangiome) die mittels interventioneller Therapie gut beherrscht und oft auch komplett beseitigt werden können.